ARTS EXHIBITION DT KUNST IM LOUVRE
LOUVRE | DE L´ALLEMAGNE 1800 - 1939
Diese Vorentscheidung zielte unter anderem darauf ab, jede Möglichkeit einer teleologischen Auslegung zu vermeiden, die den Eindruck einer Kontinuität von der Romantik zum Nationalsozialismus hätte erwecken können.
Die Romantik geht nicht in den Nationalsozialismus über
Das ist auch der Grund, weshalb die Ausstellung mit Goethe und dem Universalismus der Aufklärung beginnt und nicht mit einer "dunklen" Romantik, die in der Ausstellung im Louvre übrigens völlig fehlt. Die den ersten Teil strukturierende apollinisch-dionysische Spannung betont das Verhältnis der deutschen Kunst zur Antike, darin gründet ihre sprudelnde Kreativität. Insofern steht das Dionysische in der Tradition von Winckelmanns Sicht des Klassizismus, die später erneuert wurde – das drücken zum Beispiel die Bilder von Böcklin und von Stuck aus, die mit dem Reichtum ihres Bildmaterials und ihres Stils die Lebensenergie feiern.
Übrigens wird nach dem Saal, den sie bespielen und mit dem der erste Abschnitt endet, eine Zäsur deutlich. Der zweite Teil ist nämlich nicht, wie die uns schockierenden Besprechungen in deutschen Zeitungen vermuten lassen, einem deutschen Schicksal gewidmet, das Dionysisches mit dem Nationalsozialismus verknüpft. Vielmehr führt sie zu Goethe zurück, das heißt zum Universellen, und legt die Grundlagen für eine Reflexion über die Natur und die Landschaftsmalerei. Der Besucher der Ausstellung betritt nun zwei Säle, in denen eine Gruppe von zwanzig Gemälden von Caspar David Friedrich versammelt ist. Das ist ein einmaliges Erlebnis für das französische und internationale Publikum des Louvre. Der dritte Teil schließlich stellt ja keineswegs Deutschland im Dritten Reich in den Mittelpunkt, sondern die Jahrzehnte nach dem Trauma des Ersten Weltkriegs. Unserer Ansicht nach beweist die Ausstellung, dass der durch den Konflikt von 1914 bis 1918 herbeigeführte Bruch, der ja auch von den Künstlern erlebt wurde, es unmöglich macht, irgendeine Kontinuität zwischen romantischen Prämissen und einem daraus entstandenen Nationalsozialismus herzustellen.
Dieser kurze Ausschnitt wird nicht nur in einem gesonderten Raum gezeigt, sondern er wird ergänzt durch den Stummfilm Menschen am Sonntag von Curt und Robert Siodmak nach einem Drehbuch von Billy Wilder, der 1929/30 in Berlin gedreht wurde. Dieser Ausschnitt versprüht im Gegensatz zu Leni Riefenstahls leblosen Statuen die Lebensfreude der gewöhnlichen Männer und Frauen im Berlin Ende der zwanziger Jahre.
Er findet einen Widerhall in August Sanders Fotoporträts von Männern und Frauen aller Alters- und Gesellschaftsgruppen.
Was das Gemälde Hölle der Vögel von Max Beckmann angeht, könnte man keine bessere Deutung finden als die von Philippe Dagen in Le Monde vom 31. März, der das Bild als "das einzige Gemälde des Jahrhunderts" beschreibt, "das gegenüber von Guernica aufgehängt werden und es damit aufnehmen könnte".