PREDIGT ANLÄSSLICH EINER GOLDENEN TRAUUNG
Liebe Gaeste dieser Goldenen Brautleute!
Liebe Kinder und Anverwandte!
50 Jahre Ehe -
wer koennte besser im historischen Bildarchiv
und wichtiger noch im Gefuehlsarchiv kramen
als sie selbst.
Wer k?nnte ehrlicher auch die schwierigen
Bilder und Situationen in die Hand nehmen?
Wer kennt sich besser aus mit dem Thema
Ehe oder auch Gottvertrauen.
Was ist also mein Job in dieser Stunde?
Wir wollen in Kontakt kommen mit der religi?sen Sprache.
Es mag wohl tausende von Goldenen Hochzeiten gegeben haben:
Diese Stunde und dieser Moment ist nicht austauschbar.
Dieses Ehepaar mit ihrer Geschichte besinnen sich auf
den Schoepfer, der alles so fein regieret.
Luther hat zwei Gedanken beizutragen:
Gott ist uns ganz nahe in unserem Leben.
Und das zweite:
Falls ihr fragt: Haben wir diese Ehe gut geführt:
Wer Kinder gezeugt und begleitet hat
und einen Job ausgeführt hat -
der hat genug Gott Wohlgefälliges geschafft.
Je länger ich Predigten schreibe,
desto wichtiger wird es mir,
Ungewöhnliches und nicht Alltögliches
zur Sprache zu bringen:
Heute in dieser Stunde ist es das Leiden,
das nicht zum bewahrenden Schöpfergott
passen will. Und ein Brief gegen Atheisten -
dazu spöter.
Wer fönfzig Jahre auf dem Buckel hat
oder fönfzig Ehejahre,
der weiss wie kleinteilig die Zeit ist.
Wieviele Tage; Stunden; Minuten
und Sekunden lassen sich errechnen.
In allen diesen Sekunden glauben wir,
dass Gott uns in Jesus ganz hahe war.
Aber andersherum wird auch ein
Schuh daraus:
Wieviele Gelegenheiten gab es,
dass der Widersacher Gottes
Macht über Menschenseelen gewinnt.
In jeder Sekunde kann er Macht gewinnen:
Durch den Tod eines geliebten Menschen
können wir verunsichert werden.
Wie der Mensch aus Samarien
liegt plötzlich jemand vor uns,
der unsere Hilfe verlangt und uns
vor eine Entscheidung stellt.
Drei existentielle Situationen:
Gottes Liebe befreit mich aus der Enge
meines Ich ö Ich will das Wohl meines Nöchsten.
Ich lebe aus und in Vergebung.
Ich stehe vor einem hilfsbedürftigen Menschen
Ich stehe in meiner letzten Stunde vor Gott,
und ich vertraue darauf, dass er mich annimmt
ohne Wenn und Aber!
Wie begegne ich meinem Tod?
Sind wir oder bin ich jemandem etwas
schuldig geblieben?
Ihr Trauwort, liebe Eheleute Ehmke,
lautet:
Liebe kann ertragen;
sie hat immer noch Vertrauen,
hat immer noch Hoffnung,
hat immer noch Geduld.
Wir h?ren noch einmal das Hohe Lied
der Liebe, das Paulus uns ?berliefert
hat ? R?mer 13,13
Gegen das Denken der TheologInnen
und gegen unsere Alterserfahrung
erhebt Euer Trauwort Einspruch:
Man kann sich auf jede Sprache verstehen -
ohne Liebe bleibt es leeres Getön.
Man kann die Verh?ltnisse durchschauen,
kann die Folgen absehen,
kann sehr fromm sein -
ohne Liebe nützt das nichts.
Man kann hergeben,
was man hat,
zuletzt sich selbst -
ohne Liebe wird dadurch nichts besser.
Liebe ist ausdauernd und gütig,
sie ist nicht eifersüchtig
und macht nicht grosse Worte.
Liebe stellt sich nicht schamlos zur Schau.
Liebe will nicht auf ihre Kosten kommen,
sie fragt nicht:
Was hab' ich davon
Liebe lät sich nicht zu Zank verleiten,
sie trägt nicht nach.
Sie bedauert Unrecht
und freut sich an der Wahrheit.
Liebe kann ertragen;
sie hat immer noch Vertrauen,
hat immer noch Hoffnung,
hat immer noch Geduld.
Diese Liebe kennt kein Ende.
Alle Weisheit kann am Ende sein,
alles Schwärmen,
alle Kunst.
Diese Liebe kennt kein Ende.
(1 Cor 13,1-8a aus der Agende der Ev.-Luth. Kirche
von Kurhessen-Waldeck 1975)
Wir müssen den Fortbestand der Liebe nicht garantieren.
Das tut Gott. Er überschwebt uns mit seiner Liebe.
Wir aber können uns einschwingen
in seine göttliche Liebe durch den Erfindungsreichtum
der Liebe im Alltag.
Das Vollkommene Strahlen steht noch aus.
Aber der, der schon jetzt liebt,
als sei alle Liebe vollkommen,
belohnt sich selbst mit einem glücklichen Leben.
Aber die Liebenden glauben,
dass hinter dem Stückwerk einmal das Vollkommene
sichtbar wird.
Jetzt erkenne ich stückweise, dann werde ich erkennen,
wie ich erkannt bin.
Die Vollkommenheit ist hier und jetzt nicht unser Thema.
BIOGRAFIE
Sie haben ein Trauwort, dass sie
50 Jahre begleitet hat:
Ein Wort des Vertrauens:
Liebe kann ertragen;
sie hat immer noch Vertrauen,
hat immer noch Hoffnung,
hat immer noch Geduld.
Dahinter steht die Vorstellung,
dass Gott 100 prozentige Liebe ist.
Du musst nicht argw?hnen,
dass hinter dieser Liebe ein kleinlicher,
verrechnender Gott steht.
Aber dahinter blitzt auf,
dass unser Leben eben nicht 100 Prozent
Liebe ist.
Und unser Glaube ist oft nicht
100 Prozent Glaube.
Manchmal ist es Glaube in d?rftiger Zeit.
Zwei Gedanken zum Schlu?:
Und dann binden wir den Sack zu
mit 1 Korinther 13:
Bei Hiob gibt es den Hammersatz:
21 und sprach:
Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen,
nackt werde ich wieder dahinfahren.
Der HERR hat's gegeben,
der HERR hat's genommen;
der Name des HERRN sei gelobt!
Daher schenke ich Ihnen als pers?nliche
Gabe eine Predigt meines Lehrers
GERD THEISSEN ueber Hiob.
Sein Klagen und seine Seelsorge.
Hiob lehrt uns laut Theissen an Gott h?ngen zu bleiben!
Sie bringt die Botschaft des vierten Schutzengels:
Leiden ist ein Faktum, aber es trennt nicht von Gott.
Und ist meine Haut noch so zerschlagen
und mein Fleisch dahingeschwunden,
so werde ich doch Gott sehen.
Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen
und kein Fremder.
Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust"
Folgende Worte hat vor drei Wochen eine
Mitkonfirmandin aus Ohrte an die NOZ
geschickt:
Sehr geehrte Redaktion,
als überzeugte Christin fühle ich mich
von dem Leserbrief des Herrn Gronemeyer angesprochen.
Ich zweifle manchmal an der Kirche
aber nicht an den lieben Gott.
Je mehr die Wissenschaft über uns Menschen
und der Welt herausfindet,
umso grösser erscheint mir Gott.
Geht es um die Kernfrage, ob es einen Gott gibt,
ja oder nein - so liegt die mathematische
Wahrscheinlichtkeit beider Positionen bei 50 Prozent.
Hat Herr Gronemeyer recht, gibt es nach dem Tod
nichts. Und es ist egal wie wir gelebt haben.
Gleichwohl habe ich selbst dann ein glückliches
Leben gehabt, schade nur um die gezahlte
Kirchensteuer.
Habe ich recht, dann wünsche ich Herrn
Gronemeyer im wahrsten Sinne des Wortes:
Gnade ihnen Gott !!
Mit freundlichen Gruessen
Ursula Dallmann, Ohrte
Frau Dallmann bekommt diese Predigt
und ich habe schon mit ihr telefoniert:
Wenn man wie sie ein behindertes Kind liebevoll
ins Leben begleitet oder ergänze ich heute:
Wenn man wie Familie Ehmke 50 Ehe-Jahre
gemeinsam verbringt (GEORGSMARIENHüTTE) -
dann ist mir vor den leichtfüssigen Atheisten nicht bang.
Was bleibt?
Diese Frage stellt man sich ja nicht
erst zum ersten Mal,
wenn man 50 Ehejahre hinter sich hat.
Sie stellt sich immer ein,
wenn man loslassen muss. Einen Menschen,
den man geliebt hat; eine Arbeit,
die man anderen übergeben muss;
eine gute Zeit, die man hinter sich lassen muss.
Was bleibt?
Es war die Frage,
die auch die ersten Christen sich stellten,
nachdem Jesus aus ihrer
unmittelbaren Wirklichkeit entschwunden war.
Was bleibt auf dem Weg
zur Vollkomenheit des Himmels?
Glaube, Hoffnung und Liebe.
Alles im Modus des Stückwerkes aber ein Leben
lang in tausend Variationen.
Das macht den Menschen menschlich,
dass er hofft und vertraut und dass er über sich einen Himmel wei?,
der ihn zur Vollkommenheit führen will.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe,
diese drei,
doch die Liebe ist die groesste unter ihnen.
Diese Liebe l?sst sich nicht erbittern! -
heisst es in einer Predigt aus der Kreuzkirche in Dresden
ein gutes Wort am Ende dieser Predigt!
EIN GEDICHT ERINNERT AN UNSERE H?NDE -
M?RKERH?NDE!
GLAUBE ARBEITET SICH AB AN DEN
WIDRIGKEITEN DIESER WELT:
Kurt Tucholsky
Mutterns Haende
Hast uns Stulln jeschnitten
un Kaffe jekocht
un de Töppe rübajeschohm -
un jewischt un jenäht
un jemacht un jedreht...
alles mit deine Hände.
Hast de Milch zujedeckt,
uns bobongs zujesteckt
un Zeitungen ausjetragen -
hast die Hemden jezählt
und Kartoffeln jeschält...
alles mit deine Hände.
Hast uns manches Mal
bei jrossem Schkandal
auch'n Katzenkopp jejeben.
Hast uns hochjebracht.
Wir wahn Sticker acht,
sechse sind noch am Leben...
Alles mit deine Haende.
Heiss warn se un kalt.
Nu sind se alt.
Nu bist du bald am Ende.
Da stehn wir nu hier,
und denn komm wir bei dir
und streicheln deine Haende.
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