KRITIK
DES
KAPITALISMUS
- ein Dossier -
Name Grau; Misch
http://hgpadre.org/dbjourney/diary_08_polen/theo_kosmogonie_stefankleinprofrees_zeit_08_31.html
|
Der
Philosoph Walter Benjamin war überzeugt davon, der
Kapitalismus weise eine vergleichbare Stuktur auf wie die
Religion und diene der Befriedigung derselben Sorgen, Qualen,
Unruhen und Hoffnungen. Doch die kapitalistische Religion,
schrieb Benjamin 1921, habe eine fundamentale Schwäche: |
|
©Quelle: ZEIT 08-40 S. 63 |
|
In New York und London, Frankfurt und Zürich, Abu Dhabi und São Paulo traten Investmentbanker als die Hohepriester eines Finanzsystems auf, dessen komplexe Wertpapiertransaktionen der niedere Klerus längst nicht mehr nachvollziehen konnte. Sie wurden intime Berater der großen Konzerne. Banken in aller Welt eiferten ihrem Beispiel nach, angelockt von märchenhaften Profiten in Amerika, darunter auch europäische Traditionshäuser wie die Schweizer Großbank UBS. Fortan handelten auch sie mit Wertpapieren, berieten bei Fusionen, verkauften Finanzinnovation. Die Gier war größer als die Vernunft. Vorbei. Viele Finanzhäuser steuern um, so schnell sie können. Zum Beispiel die Deutsche Bank. Die größte Bank Deutschlands hatte sich jahrzehntelang der großen, hochprofitablen Mode aus den Vereinigten Staaten verschrieben: dem Investmentbanking. Ihr früherer Chef Alfred Herrhausen fädelte das bereits in den achtziger Jahren ein, 1989 kaufte die Deutsche Bank das britische Investmenthaus Morgan Grenfell. Unter Rolf-Ernst Breuer kam Ende der neunziger Jahre der Bankers Trust aus den USA hinzu. Josef Ackermann, Vorstandschef seit 2002, vollendete den Strategieschwenk. Die Machtzentrale des Instituts verlagerte sich von Frankfurt nach London, wo die Investmentbanker saßen. Dort jonglierten sie mit geliehenem Geld, finanzierten Firmenübernahmen und Konzernzerschlagungen und verdienten Milliarden daran. Zeitweise wurden drei Viertel des Profits der Deutschen Bank im Investmentbanking erwirtschaftet. Als die Postbank 2004 zum Verkauf stand und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder dem Bankenchef Ackermann das Institut andiente, scheiterte der Deal an einem Veto des Investmentarms in London. Filialgeschäfte? Sparbücher? Nicht die Art von Geschäften, um die Masters of the Universe sich scheren! Wie die Zeiten sich ändern können. In der vergangenen Woche hat Josef Ackermann jetzt doch einen Anteil von fast 30 Prozent an der Postbank gekauft – mit Option auf mehr. Die Kultur des Bonner Instituts mit seinen Kleinsparern und Beamten passt zwar so gar nicht zum Leistungsideal der Deutschen Bank, doch etwas anderes macht sie offenbar attraktiv: Die Postbank hat gut 14 Millionen Kunden, mehr als jede andere deutsche Bank, und wegen der vielen Einlagen muss sich die Deutsche Bank künftig wohl weniger Geld am Kapitalmarkt leihen. Zugleich wird die Deutsche Bank unabhängiger vom Investmentbanking. Was zurzeit System in Frankfurt hat. Auch die Commerzbank streicht das Investmentbanking der eben übernommenen Dresdner Bank zusammen und baut stattdessen das traditionelle Kreditgeschäft mit Unternehmen und Privatleuten aus. Manche Bankanalysten, die in früheren Jahren die deutsche Schlafmützigkeit gescholten hatten, entdecken jetzt positive Züge am deutschen Finanzsektor – weil sich die Institute dort bis auf die Deutsche Bank weitgehend aus dem Investmentbanking herausgehalten hätten. Und weil sie so viel von stabilen Dingen wie Kundeneinlagen, Vermögensverwaltung und Kreditvergabe verstünden. Über weniger als 30 Prozent Rendite im Jahr lachten die Banker Von der Wall Street kann man das nicht behaupten. Der Sturz der amerikanischen Investmentbanken vom Himmel folgt auf einen Boom, wie ihn die internationale Finanzwelt nie zuvor erlebt hatte: Allein zwischen 2002 und 2006 verdreifachten die fünf großen Investmenthäuser ihre Gewinne auf 30 Milliarden Dollar. Das entspricht dem Bruttoinlandsprodukt von Kenia. Ihren besten Bankern und Händlern zahlten sie Jahresgehälter in zweistelliger Millionenhöhe. Über weniger als 30 Prozent Rendite lachten sie. Und sie wurden immer gieriger. |
|
©Quelle: ZEIT 08-40 S. 63 |
NEOLIBERALISMUS
|
Eigenverantwortung Leistungsbereitschaft Schlanker Staat – Steuern runter
Ludwig Erhard beschrieb dieses Konzept einst so: »Ebenso wie der Schiedsrichter nicht mitspielen darf, darf auch der Staat nicht mitspielen. Was ich mit einer marktwirtschaftlichen Politik anstrebe, das ist – um im genannten Beispiel zu bleiben – die Ordnung des Spiels und die für dieses Spiel geltenden Regeln aufzustellen.«
»Weniger
Staat, mehr Markt« Kronberger Kreis »Eigenverantwortung, Wettbewerb und Freiheit« .. dass die Kreativität und Initiative der Deutschen durch staatliche Hilfen und Regeln erdrückt würden »Wenn die Politik heute über Wettbewerb spricht, dann betont sie das Negative und beschreibt, wie die Schwachen untergehen«, sagt er. Schon immer hätten Parteien den Bürgern lieber Wohltaten versprochen, statt an deren Leistungsbereitschaft zu appellieren.« Hans Barbier
Thatcher Reagan-Bush
Agenda-2010-Jahren der Schröder-Regierung
Rüttgers und Seehofer setzten sich ab!
Angelika Merkel versprach in einer Rede nur noch Bildung. Stramme Liberale wollen davon wenig hören. »Freiheit« sei ihr Versprechen, nicht Wohlstand.
In
seinem Roman 1984 beschrieb der britische Autor George
Orwell einst das Neusprech. Mit dieser rhetorischen
Technik definieren Machthaber politische Begriffe so um, dass sie
für die Bürger eine neue Bedeutung erhalten. Linguisten
streiten darüber, ob das funktioniert. Mit dem
»Neoliberalismus« aber scheint genau das geschehen zu
sein.
Das
Gegenteil wollten die Schöpfer dieser Denkrichtung
erreichen. Neoliberale und Ordoliberale (wie die deutsche
Spielart hieß) wollten sich nach dem Zweiten Weltkrieg
gerade vom »Laisser-faire-Liberalismus«
des 19. Jahrhunderts abgrenzen. In der Mont Pelerin Society
(gegründet von Friedrich August von Hayek) betonten Ökonomen
wie Wilhelm Röpke und Walter Eucken den Zusammenhang
zwischen politischer und wirtschaftlicher Freiheit. Sie forderten
eine starke Rechtsordnung, die den Wettbewerb fördert und
Monopole verhindern. Dieses Denken wurde dann Grundlage für
die Soziale Marktwirtschaft.
©Quelle: ZEIT 08-40 S. 63 |