IRAKKRIEG |
Kritik durch Todenhoefer |
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Todenhoefer, Juergen: Warum tötest du, Zaid? München 2008, ISBN 978-3-570-01022-8
Todenhoefer, Juergen: Andy und Marwa. Zwei Kinder und der Krieg, München 2005, ISBN 3-570-00859-2
Todenhoefer, Juergen: Wer weint schon um Abdul und Tanaya? Die Irrtümer des Kreuzzugs gegen den Terror, Freiburg im Breisgau 2003, ISBN 3-451-05420-5
Todd, Emmanuel: Weltmacht USA - Ein Nachruf. (Taschenbuch) http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3492045359/cleverfinden s. auch Kundenrezensionen auf AMAZON.DE
Worum geht es in diesem Buch, das dritte Buch, dass der Autor in den letzten sechs Jahren veröffentlicht hat? Zaid ist ein junger Iraker, der in seinen 21 Lebensjahren das Leben nicht genießen konnte, so wie es ein durchschnittlicher, westlicher Jugendlicher gleichen Alters in normaler Alltäglichkeit tut. Sein junges Leben ist geprägt von Krieg, Sanktionen und wieder Krieg. In diesem Umfeld wachsen Zaid, seine Geschwister und Eltern auf. Zaid versucht aller Widrigkeiten zum Trotz einen klaren Kopf zu behalten, Lebensziele zu formulieren, und seinen Lebenstraum zu verwirklichen.
Auch als George W. Bush jun. seiner Heimat einen völkerrechtswidrigen Krieg erklärt, und das durch ein Menschen verachtendes Sanktionsregime am Boden liegende irakische Volk mit einem Bombenteppich überzieht, versucht Zaid für seinen bodenständigen Traum vom Glück zu arbeiten. Er schließt seine schulische Ausbildung ab, nimmt ein Hochschulstudium der Geschichte auf und frönt in der Freizeit seiner großen Leidenschaft, dem Fußball. Dann verliert er innerhalb von sechs Monaten seine zwei Brüder, die wie er, sich nicht in den Sumpf dieses schmutzigen Krieges hineinziehen ließen. Seine Brüder werden von amerikanischen Scharfschützen kaltblütig ermordet, einer stirbt direkt vor den Augen der Familie. Zaids kleine, heile Welt zerbricht, und er beginnt den verzweifelten Versuch, sein Land gegen die "westlichen" Besatzer freizukämpfen.
Doch Zaid wird kein Terrorist, er wird Widerstandskämpfer, er lässt sich nicht von Hass leiten. Er schont Zivilisten und ist davon überzeugt, dass kein Zivilist geopfert werden darf, selbst wenn man gleichzeitig 10, 100 oder 1000 Feinde treffen könnte.
Zaid verabscheut Al Qaida, die den Tod unschuldiger Zivilisten billigend in Kauf nehmen. Ebenso verachtet er die Besatzungsmächte, die den Tod unschuldiger Zivilisten in Kauf nehmen, und diese einer abgestumpften mit sich selbst über beschäftigten "westlichen" Weltöffentlichkeit als Kollateralschaden präsentieren.
Der Begriff ?Kollateralschaden? übertüncht in kläglicher Weise das alltägliche Grauen, dass die Bush-Krieger über Zaid und die Menschen im Irak gebracht haben. Der Kollateralschaden suggeriert, dass sich hinter ihm kein Mensch verbirgt, sondern ein seelenloses Etwas. Doch Zaid bleibt Mensch, er versucht es zu bleiben, in seinem Denken, in seiner Sprache, in seinem Handeln.
Der Autor erzählt die Geschichte dieses jungen Mannes, die er selbst vor Ort in der Stadt Ramadi, einem der wichtigsten Widerstandszentren des Iraks, recherchiert hat. Jürgen Todenhöfer hat sich auf den Weg gemacht in den Irak, um jenseits der ?Grünen Zone? von Bagdad, in die sich Journalisten sonst eingraben, Bericht zu erstatten, um den Stummen Opfern dieses Krieges eine Stimme zu geben. Er hat sich abseits ausgetretener Trampelpfade, den bettlägrige Journalisten in Begleitung von US-amerikanischen Presseoffizieren in den blutigen Staub des Iraks getreten haben, einen Weg zu den Menschen dieses Landes gebahnt, um sich unter Lebensgefahr selbst ein Bild von den tatsächlichen Geschehnissen in diesem Land zu machen.
Zaid ist ein Kollateralschaden, ein Mensch, der dem Irrsinn eines Krieges zu entfliehen sucht und doch in ihn hinein gesogen wird. Durch Zaid gewinnt das natürliche und ewig verbriefte Recht auf legitimen Widerstand gegen Besatzung wieder ein menschliches Antlitz. Widerstandskämpfer sind keine Monster, keine Terroristen, dieses aufgezeigt zu haben, ist ein großes Verdienst dieses Buches.
Doch "Warum tötest du, Zaid?" ist viel mehr als nur ein Buch über den Krieg im Irak. Dieses Buch ist eine kritische Bestandsaufnahme des historischen und aktuellen Verhältnisses zwischen den muslimischen Mehrheitsgesellschaften und dem ?Westen?. Der Krieg des "Westens" gegen Zaid, gegen den Irak ist nur ein aktuelles Beispiel, ein Symptom für die schreckliche Schieflage in der sich dieses Verhältnis befindet; eine seit über 200 Jahren existierende Schieflage, zu Ungunsten der Muslimischen Welt. Das Buch nimmt dem ?Westen? die Maske des gutmütigen Demokratie-, Menschenrechte- und Entwicklungsexporteurs vom Gesicht und räumt mit den Zerrbildern auf, die er in seinem Aufklärungswahn so gerne von sich entwirft; gestern wie heute!
Nicht wenige Leser werden sich bei der Lektüre des Buches von so manchem, lieb gewonnenen Vorurteil über den Islam und Muslime verabschieden müssen. Hier räumt der Autor in beeindruckender Weise auf, nachdem er sich wochenlang durch eine deutsche Bibelversion und eine deutsche Quranübersetzung gearbeitet und intensives Quellenstudium betrieben haben muss.
Hans-Martin Lohmann ist sehr beeindruckt von diesem Buch des früheren Politikers und heutigen Medienmanagers mit Hang zur arabischen Welt Jürgen Todenhöfer. Und auch der Analyse kann er zustimmen, wonach es zwar auch einen blutigen Al-Qaida-Terrorismus im Irak gebe, vor allem aber einen legitimen Widerstand des irakischen Volkes gegen die amerikanische Besatzung, "das jedes Maß und jede Moral verloren hat", so Lohmann, der versichert, dass Todenhöfers Analyse historisch gut fundiert sei. Der im Titel zitierte Zaid tötet übrigens, um "Freiheit und Würde seines Volkes" wiederherzustellen.
Jürgen Todenhöfer interviewte Widerstandskämpfer im Irak.C. Bertelsmann vergrößern Irak-Krieg: Todenhöfer schreibt "Man kann Völker nicht ständig demütigen"
Der Westen sei unfair zur muslimischen Welt - und solle seine Kampftruppen zurückziehen. Das schreibt der Medienmanager und Ex-Unionspolitiker Jürgen Todenhöfer in seinem neuen Buch. Er hat im Irak Widerstandskämpfer interviewt. Von Hans-Jürgen Jakobs ANZEIGE
Neu im Kino: "Im Tal von Elah" Desaster zum Dessert Robert Redford in Berlin Uramerikanische Werte Venedig Schaulaufen für Irak-Filme Castingshow sorgt für Frieden im Irak Wenn sie singt, herrscht Waffenstillstand Irak-Krieg Das Desaster der Falken
Es ist eine alte Erkenntnis, dass im Krieg die Wahrheit als Erstes stirbt. Dass die Propaganda-Maschinen der kriegführenden Nationen allerlei gewünschte Geschichten produzieren, die ihren Niederschlag in der - natürlich - unabhängigen Presse finden. Das ist im Irak nicht anders, dem neuen Vietnam der Vereinigten Staaten von Amerika.
Die wahren Verhältnisse dort zu beschreiben, die systematischen Lügen aufzudecken, und überhaupt das verschobene Verhältnis des Westens zu islamischen Ländern zurechtzurücken, ist eine große Aufgabe. Darüber hat Jürgen Todenhöfer nun ein provokantes Buch geschrieben, der einstige Verteidigungsexperte und Entwicklungshilfepolitiker der CDU, der seit mehr als zwei Jahrzehnten der zweite Mann hinter dem Münchner Verleger Hubert Burda ist. Jener Todenhöfer also, der 1980 auf geheimen Wegen über den Hindukusch nach Afghanistan zu den Mudschahedin gereist war und das Land gegen die sowjetischen Besatzungstruppen unterstützte.
Nun ist er - mit offiziellen Visa - über Syrien in den Irak gefahren, in die Zone des Mordens und der faktischen Anarchie. Fünf Tage hielt er sich, ohne offizielle Begleiter, dank eines Verbindungsmannes im Ort Ramadi auf und hat sich dort einige Widerstandskämpfer vorführen lassen, die gegen die Amerikaner und die irakischen Ordnungskräfte streiten. Sie reden - unter falschen Namen - von ihren Motiven und Handlungen. Ja, sogar ein Al-Qaida-Terrorist ist dabei, obwohl das Todenhöfer erst nicht wollte, und der Autor schreibt in seinem Werk "Was tötest du, Zaid?", dass ihm dies später in seiner Heimat gewiss Ärger einbringen werde.
Es geht dem Reisenden darum - und das ist sicher verdienstvoll -, jenen im Irak eine Stimme zu geben, die sonst nicht gehört werden. Todenhöfer will dort differenzieren, wo westliche Medien und Politiker pauschal von "Terrorismus" reden, er will sensibilisieren für legitime Freiheitswünsche bei al-Muqawama, dem irakischen Widerstand. Er will zeigen, was irakische Menschen denken und sagen, wenn Hubschrauber und Humvees das Gelände nicht für Presse- und Politikerkonvois gesäubert und gesichert haben. Er hält an mehr als einer Stelle fest, dass der Westen viel zu wenig über den Islam weiß.
Geschichten aus Notwehr
"Das Traurige ist, dass die Öffentlichkeit auf die pinocchialen Manipulationen der Kriegstreiber immer wieder hereinfällt", schreibt der Mann von Burda. Bei seiner Irak-Exkursion ließ sich Todenhöfer einen Oberlippenbart wachsen, er zog eine weiße irakische Dishdasha an und wechselte hektisch die Standorte, um nicht aufzufallen. Es sei gut, dass endlich einmal ein Journalist komme, um sich ein Bild zu machen, erfuhr der Deutsche bei seinen Gesprächen, und daraufhin erwiderte Todenhöfer, nein, er sei kein Journalist, er sei "Medienmanager". Der Dialog wird ihm gleichwohl geschmeichelt haben.
Im Mittelpunkt seiner sehr persönlich gehaltenen Erzählungen steht der 21-jährige Widerstandskämpfer Zaid. Dessen Bruder Haroun sei auf offener Straße in Ramadi im Juli 2006 von amerikanischen Scharfschützen getötet worden, einfach so; sein anderer Bruder Karim wiederum sei im Januar 2007 von einem US-Soldaten erschossen worden. Er hatte noch etwas aus dem Haus holen wollen, das die Familie nach einem Bombeneinschlag auf dem Nachbargrundstück verlassen musste.
So schloss sich Zaid einer nationalistischen-baathistischen Widerstandsgruppe an und wurde für die Fernzündung bei Explosionen verantwortlich. Was er tue, sei Notwehr, sagt Zaid. Sein größter Wunsch sei "Frieden" und eine große Familie: "Wir haben die gleichen Träume wie ihr."
Der Irak ist voll, so scheint es bei Todenhöfer, von solchen Notwehr-Geschichten. Rami, der Mann von al-Qaida, sagt, er gehöre dem gemäßigten Flügel der Organisation an und lehne es ab, Zivilisten zu töten. Er unterstütze al-Qaida, weil sie am am engagiertesten gegen die Besatzer kämpfe. Überall sei nur Not, Leid, Demütigung, Blut und Tod im Land. Todenhöfer fragt rhetorisch: "Ist die Antiterrorpolitik des Westens nicht gerade deshalb so erfolglos gewesen, weil sich die meisten Politiker nie ernsthaft mit dem Phänomen des Terrorismus beschäftgt haben?"
Von Burda nach Bagdad
Tatsächlich ist der Medienmanager hier ein bisschen Wallraff. Er kann all die Gräuelgeschichten, die ihm in Ramadi über marodierende amerikanische GIs und irakische "Guantanamos" erzählt werden, nicht nachprüfen, er kann überhaupt nichts gegenchecken, er kann nur Quellen sprudeln lassen, die vielleicht trübe sind. Das ist sicher auch nicht die ganze Wahrheit, aber immerhin ein weiterer Teil davon - und Element einer Welt, die erkennbar außer Kontrolle geraten ist. Es gebe im Irak mehr christliche Widerstandskämpfer als Al-Qaida-Terroristen, sagt Yussuf einmal.
Todenhöfer sieht die Geschichte der arabischen Völker als eine "Geschichte großer Siege und großer Niederlagen", wobei es in den letzten 200 Jahren "nicht mehr viel zu feiern gab" - der Kolonialismus habe "die arabische, ja die gesamte muslimische Zivilisation weit zurückgeworfen". Der Autor zieht eine lange Linie von den Verbrechen der Fremdenlegionäre in Algerien über die Invasion der Sowjets in Afghanistan zur Gewalt in Bagdad.
Todenhöfer, der seine früheren Reisen nach Afghanistan und in den Irak in den Bestsellern "Wer weint schon um Abdul und Tanaya" sowie "Andy und Marwa" beschrieb, hat nun als wichtigste Erkenntnis gewonnen, dass die Ursachen des Terrorismus beseitigt werden müssten - und die Hauptursache sei die menschenverachtende Art gegenüber der muslimischen Welt.
"Man kann Völker nicht ständig demütigen. Erst wenn wir die muslimischen Länder genauso fair behandeln, wie wir selbst behandelt werden wollen, werden wir den Terrorismus überwinden", schreibt der frühere Unionspolitiker im Geiste Kants. Todenhöfer, der für dieses Buch die Bibel und den Koran las und exzerpierte, hat gegen Ende noch einige spitze Thesen aufgearbeitet, zum Beispiel, dass der Westen viel gewalttätiger sei als die muslimische Welt oder dass Muslime die westliche Kultur "entscheidend mitgeprägt" hätten. Und: "Nichts fördert den Terrorismus mehr als die Antiterrorkriege des Westens. Die muslimischen Länder müssen ihre Probleme mit dem radikalen Islamismus selbst lösen."
Die radikalen Kräfte, so Todenhöfers Analyse, hätten sich gegenseitig hochgeschaukelt. Der Westen sei nicht legitimiert, überall auf der Welt gegen radikal-islamische Bewegungen vorzugehen und habe nicht das Recht, "die Welt in ein blutig-chaotisches Schlachtfeld zu verwandeln, um seine Vorstellungen von der Welt durchzusetzen". Sein klares Diktum: "Westliche Kampftruppen (und deutsche Tornados) haben im Irak, in Afghanistan oder in Somalia nichts verloren." Der Kampf gegen den Terrorismus werde nicht militärisch entschieden, sondern in den Herzen der 1,4 Milliarden Muslime.
Es ist ein langer Weg von Burda nach Bagdad, von bunten Zeitschriften zu den Friedhöfen des Irak, von der Glamourwelt des Westens zu dem Elend der angeblich Befreiten. Das Taxi brachte den Medienmanager Jürgen Todenhöfer wieder zurück nach Damaskus, wo es ihm ein alter Märchenerzähler angetan hat. Auch er will Geschichten einer besseren Welt erzählen, und am Ende ist er dabei wieder sehr politisch geworden.
(sueddeutsche.de/korc)
Wer weint schon um Abdul und Tanaya? Von Klaus Richter am 10.03.2003 Nicht schon wieder ein Buch über Afghanistan, mag man denken. Seit das Land am Hindukusch seit dem 11. September in den Mittelpunkt des Weltinteresses rückte, gab es in steter Reihenfolge Bücher, die sich mit Afghanistan, dem Krieg und den elenden Zuständen in diesem Land, aber auch der Hoffnung, die ein Frieden bringen mag, beschäftigen. Doch Jürgen Todenhöfers Buch ist nicht irgendein Buch über Afghanistan, denn es lebt durch die eigenen, persönlichen Erfahrungen des Autors, die er während der sowjetischen Besetzung des Landes und in späteren Jahren sammelte. Der Anknüpfungspunkt für Todenhöfer sind die Anschläge vom 11. September 2001, als Selbstmordkommandos der von Osama bin Laden geführten Terrororganisation El Qaida das Pentagon angriffen und das World Trade Center zum Einsturz brachten. Eindringlich schildert Todenhöfer seine Gedanken und Gefühle angesichts dieses bis dahin noch nicht dagewesenen Terrors. Von dort aus zieht es seinen Blick nach Afghanistan und den Irak, die beiden Länder, die von den USA mit Kriegüberzogen wurden und, soweit es sich um den Irak handelt, möglicherweise auch wieder werden. Die Schilderungen leben durch das große persönliche Engagement, mit dem Todenhöfer für einen friedlichen und verantwortungsbewussten Umgang mit Afghanistan und dem Irak plädiert. Todenhöfer schreibt nicht von zu Hause aus: Er macht sich sein eigenes Bild direkt vor Ort, sucht den Kontakt mit den Menschen und begibt sich dabei gelegentlich in Gefahr für Leib und Leben. Bereits 1980 reiste er nach Afghanistan, erlebte hautnah den Schrecken der sowjetischen Besatzung und das verzweifelte Bemühen der Mudschahedin im Kampf gegen sowjetische Kampfhubschrauber, die damals ihrer Zerstörungswut ungehinderten Lauf lassen konnten. Als Todenhöfer nach Deutschland zurückkehrte, stellte er fest, dass sich kaum jemand für das Leid in Afghanistan interessierte. Aus seiner Beschreibung wird die Doppelmoral der Gesellschaft deutlich: Gegen die willkürlichen Bombardements vietnamesischer Dörfer wurde demonstriert, die achtziger Jahre waren geprägt von Demonstrationen gegen den NATO-Doppelbeschluss. Doch niemand engagierte sich für die afghanischen Flüchtlinge, die elend in Lagern in Pakistan dahinvegetierten, oder für jene Afghanen, die bei Bombardements ihrer Dörfer furchtbares Leid ertragen mussten. Eine Doppelmoral erkennt Todenhöfer aber auch in anderer Hinsicht: Da wird, zu Recht, um die Opfer der Terroranschläge vom 11. September getrauert. Doch als Antwort überzogen die USA Afghanistan mit Krieg, um die Taliban aus dem Land herauszubomben und dem Verursacher der Anschläge, Osama bin Laden, habhaft zu werden. Unzählige unschuldige Zivilisten ließen ihr Leben im Bombenhagel ? ?Kollateralschäden? nennen die Militärs so etwas zynisch. Wer trauert um diese Menschen? Sind sie weniger wert als die Opfer des 11.9.? Dabei, so Todenhöfer, wäre der Krieg nicht nötig gewesen, denn durch die Anschläge vom 11.9. hatten Bin Laden und die ihn unterstützenden Taliban des Mullah Omar den Rückhalt der afghanischen Stammesführer weitgehend verloren: Es wäre auch eine andere, friedlichere Lösung vorstellbar gewesen, die den USA sowohl Bin Laden als auch Mullah Omar beschert hätten. Der Krieg gegen die Taliban war unnötig und er war die falsche Entscheidung. Leidenschaftlich engagiert sich Todenhöfer auch gegen einen Krieg im Irak. Es gibt keine Hinweise auf Beziehungen zwischen Saddam Hussein und Bin Laden, ebenso wenig geht vom Irak keine militärische Bedrohung für die Nachbarstaaten, geschweige denn die USA aus. Seit dem Golfkrieg von 1991 und der anschließenden Entwaffnung durch die UNO-Waffenkontrolleure ist das Drohpotential des Irak geschwunden. Todenhöfer geht auch den Fragen nach, welche Rolle die Kontrolle der irakischen Ölfelder für die USA spielt und ob es sich bei den Kriegsdrohungen des amerikanischen Präsidenten Bush um den Teil einer Familienfehde zwischen Saddam und dem Ex-Präsident Bush sr. und seinem Sohn, dem jetzigen Präsidenten geht. Bei aller Kritik an den USA und ihrer Vorgehensweise gegenüber dem Irak macht Todenhöfer deutlich, dass die Kritik an der derzeitigen Politik der USA niemanden zum Vorwurf der Amerikafeindlichkeit berechtige: Man könne die USA und die Menschen, die dort leben, in sein Herz schließen, das sei etwas anderes, als die Politik der Regierung zu kritisieren. Recht hat er, ebenso wie er recht hat, wenn er darauf hinweist, dass es sich bei Saddam Hussein um einen skrupellosen Verbrecher handelt, der selbst vor Massenmord nicht zurückschreckt. Todenhöfer ist sogar mutig genug, sich bei Besuchen im Irak dem Zugriff der irakischen Regierung zu entziehen, soweit dies eben in solch einem Land möglich ist. Wie lässt sich das Problem ?Irak? lösen? Krieg, so Todenhöfers klares Statement, ist die falsche Lösung. Er schlägt einen Friedensplan vor, der unter anderem ungehinderte Waffeninspektionen, verbindliche Garantien des Irak für Kurden und Schiiten, einen Gewaltverzichtsvertrag zwischen dem Irak und seinen Nachbarn und mit Israel, die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen oder eine aktive Beteiligung am Kampf gegen den internationalen Terrorismus enthält. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob so ein Friedensplan realistisch ist. Wenn Saddam Hussein etwas bewiesen hat, dann, dass er sich politisch so verhalten kann, dass sein Überleben gesichert ist. Er mag also Verträge zum Schutz der Kurden, Schiiten oder der Nachbarländer unterzeichnen, doch zeigt die Vergangenheit, dass man an der Ernsthaftigkeit einer solchen Unterschrift zweifeln darf. Papier ist bekanntlich geduldig. Und ob ein Gewaltverzichtsvertrag zwischen dem Irak Husseins und Israel möglich ist, erscheint als geradezu utopisch. Insgesamt gesehen ist Todenhöfers Buch äußerst lesenswert. Es öffnet die Augen für die Schicksale der Menschen in Afghanistan und dem Irak, bietet alternative Lösungen zur bisherigen Drohkulisse der USA und plädiert nachdrücklich für die Wahrung des Friedens. Ein ?must read? für alle, die in der gegenwärtigen politischen Lage mitreden wollen.
http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Todenh%C3%B6fer http://www.kriegsgefangenschaft.at/buecher/autor-J%FCrgen+Todenh%F6fer http://www.newstin.de/sim/de/46439161/de-010-000335719 http://www.lau-net.de/K.Friedlein/b_irak03.htm http://www.islam.de/ http://www.arendt-art.de/deutsch/irak/irak.htm
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Quelle: |
4. Sept. 08 |
DPA |