Susan Sontag

Patriotismus-Rechte-11. Sept. (Interview)

 


Sontag:
Reden Sie über das Leben auf dem Mars? Ich verstehe nichts von dem, was Sie da erzählen. Ich glaube nicht, dass zwischen dem Zynismus und dem Materialismus der Neunziger und camp irgendein Zusamenhang besteht. Die Veränderungen, die der 11. September mit sich gebracht hat, sind politischer Natur und haben nichts mit camp zu tun, sondern mit Mr. Ashcroft, Mr. Rumsfeld, Mr. Cheney und Mr. Bush. Seit dem 11. September sind in diesem Land nach und nach die fundamentalsten Bürgerrechte für nichtig erklärt worden. Wir ahben einen Justizminister, für den der traditionelle verfassungsrechtliche Schutz von Bürgern und Nicht- bürgern der Vereinigten Staaten nicht zählt. Hier dürfen nun Ausländer, meist ohne das Wissen der Öffentlich- keit, ins Gefängnis gesteckt werden unter dem Vorwand,
Sie stellten eine Gefahr für die Innere Sicherheit dar. Dann gibt es da diesen jungen Kalifornier, John Walker Lind, der mit den Taliban konspiriert haben soll und von amerikanischen Soldaten brutal misshandelt wurde. Ashcroft erklärte, dieser Mann habe sich mit Kräften verbündet, die nicht an unsere Werte glaubten, und verdiene deshalb keine menschenwürdeige Behandlung. Das ist die radikalste faschistische Verleugnung des amerikanischen Rechtssystems, die man sich vorstellen kann. Unser Justizminister hat das Grundprinzip der amerikanischen Verfassung nicht begriffen, die jedem Individuum Schutz garantiert, egal, ob es
sich dabei um einen Nazi, einen Rassisten oder einen Serienkiller handelt.

ZEIT: Es ist Kriegsrhetorik...

SONTAG: Rhetorik, genau, schlimmste Propaganda. Unsere Politiker versuchen die paranoide Vorstellung zu verbreiten, dass die Freiheit der Sicherheit geopfert werden müsse. Ich hasse den Dschihad, den amerikanischen enbenso wie den muslimischen. Ich glaube nciht, dass die Welt in Gut und Böse geteilt werden kann, in Teufel und Gott, in Zivilisation und Barbarei.


Quelle:

01/02/02

DIE ZEIT





Back to Overview: LINKS



Seitenanfang