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Sontag: Reden
Sie über das Leben auf dem Mars? Ich verstehe nichts von dem,
was Sie da erzählen. Ich glaube nicht, dass zwischen dem
Zynismus und dem Materialismus der Neunziger und camp irgendein
Zusamenhang besteht. Die Veränderungen, die der 11. September
mit sich gebracht hat, sind politischer Natur und haben nichts mit
camp zu tun, sondern mit Mr. Ashcroft, Mr. Rumsfeld, Mr. Cheney
und Mr. Bush. Seit dem 11. September sind in diesem Land nach und
nach die fundamentalsten Bürgerrechte für nichtig
erklärt worden. Wir ahben einen Justizminister, für den
der traditionelle verfassungsrechtliche Schutz von Bürgern
und Nicht- bürgern der Vereinigten Staaten nicht zählt.
Hier dürfen nun Ausländer, meist ohne das Wissen der
Öffentlich- keit, ins Gefängnis gesteckt werden unter
dem Vorwand, Sie stellten eine Gefahr für die Innere
Sicherheit dar. Dann gibt es da diesen jungen Kalifornier, John
Walker Lind, der mit den Taliban konspiriert haben soll und von
amerikanischen Soldaten brutal misshandelt wurde. Ashcroft
erklärte, dieser Mann habe sich mit Kräften verbündet,
die nicht an unsere Werte glaubten, und verdiene deshalb keine
menschenwürdeige Behandlung. Das ist die radikalste
faschistische Verleugnung des amerikanischen Rechtssystems, die
man sich vorstellen kann. Unser Justizminister hat das
Grundprinzip der amerikanischen Verfassung nicht begriffen, die
jedem Individuum Schutz garantiert, egal, ob es sich dabei um
einen Nazi, einen Rassisten oder einen Serienkiller handelt.
ZEIT:
Es ist Kriegsrhetorik...
SONTAG:
Rhetorik, genau, schlimmste Propaganda. Unsere Politiker versuchen
die paranoide Vorstellung zu verbreiten, dass die Freiheit der
Sicherheit geopfert werden müsse. Ich hasse den Dschihad, den
amerikanischen enbenso wie den muslimischen. Ich glaube nciht,
dass die Welt in Gut und Böse geteilt werden kann, in Teufel
und Gott, in Zivilisation und Barbarei.
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