Imre Kertész

Erlösung?



KERTÉSZ: Ich bin sowieso glücklich. Aber jetzt bin ich noch glücklicher.

ZEIT: Ist Glück für Imre Kertész nicht die Rettung des Kleinbürgers vor der Tragödie der Existenz?

KERTÉSZ: Glück ist Pflicht. Wir sind auf Erden, um glücklich zu sein, würde der Herr sagen, wenn es den Herrn gäbe.



KERTÉSZ: Man muss erschreckend pluralistisch sein.

ZEIT: Aber es gibt doch nur eine Wahrheit.

KERTÉSZ: Die Wahrheit verändert sich. Seitdem es keinen absoluten Gott mehr gibt, gibt es keine absolute Wahrheit mehr.

ZEIT: Gibt es am Ende für Sie Erlösung?

KERTÉSZ: Für die Erlösung braucht es einen Erlöser. Davon handelt mein neuer Roman. Natürlich scheitert man. Aber man hat es versucht.

ZEIT: Das Heil zu finden.

KERTÉSZ: Oder Auschwitz zurückzuziehen.

ZEIT: Freiheit von Auschwitz?





KERTÉSZ: Freiheit von Auschwitz für einen, der es durchlitten hat. Katharsis. Eine Erlösung zwischen zwei Menschen.

ZEIT: Die Seele allein wird nicht, gerettet

KERTÉSZ: Nein. Liebe muss sein.

ZEIT: Mann und Frau sind Anfang und Ende der Welt. Das letzte Buch ist ein Liebesroman..

ZEIT: Gibt es etwas, das Sie sich noch wünschen.

KERTÉSZ: Meine Wünsche sind alle erfüllt.

ZEIT: Würden Sie Ihr vergangenes Leben ändern, wenn Sie es könnten?

KERTÉSZ: Ich möchte meine Vergangenheit nicht ändern. Ich habe ein wunderbares Leben gehabt.

ZEIT: Sie würden Auschwitz nicht rückgängig machen?

KERTÉSZ: Auschwitz ist mein größter Reichtum. Die Nähe zum Tod ist unvergesslich. Das Leben war nie so schön wie in diesem langen Augenblick.


Quelle:

17/10/02

DIE ZEIT



Nobelpreisträger 2002

Kaddisch für ein nicht geborenes Kind; 1999

Roman eines Schicksallosen; 1999


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