Wilhelm Heitmeyer

Ungleichheit

 


Abstract: Armut unsichtbar machen

Nach meinem Eindruck hat sich inzwischen ein ausgefeiltes System der Dethematisierung von Ungleichkeit entwickelt.

Ich sehe fünf Strategien:
Da sind erstens die Fairneß-Rhetoriker. Für sie ist das Streben nach Gleichheit durch das Scheitern des Sozialismus diskreditiert: Alles, was sie noch zulassen wollen, ist sportlicher Umgang miteinander.

Dann gibt es zweitens einige Vertreter der multikulturellen Gesellschaft, die auf ihre Weise zur Verschleierung von Ungleichheit beitragen: Indem sie ideologisch auf kulturelle Differenz pochen und Integration zur Zumutung erklären, übersehen sie, daß eben diese kulturellen Differenzen soziale Ungleichheit zementieren.

Drittens gibt es die sogenannten Modernisierer in allen Parteien, die Ungleichkeit als dynamisches Prinzip des moderen Kapitalismus begrüßen: Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg hält die Leute auf Trab.

Viertens kann man die Ungleichheit einfach wissenschaftlich dethematisieren, sozusagen soziologisch wegreden, wie es letzten Endes die Systemtheorie tut.

Und schließlich bleibt die Möglichkeit, Ungleichheit als Ungleichwertigkeit zu begreifen: Das machen die Rechtsextremisten, und es ist wohl die uner- freulichste Art, mit dem Thema umzugehen.


 

Quelle:

Feb 99

DIE ZEIT





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